.

15. Juli 2019

"Achtzehn Stck. vollwichtige Ducaten" - Auch ein Dichterfürst braucht Geld


Goethe, Johann Wolfang von, Schriftsteller (1749-1832). Brief mit eigenh. U. "JWvGoethe" (deutsche Schrift). Weimar, 24. VI. 1831. 8°. 1 Seite. Rechts unten Siegelrest. Mit Adresse. 

7500 Euro 

Johann Wolfgang von Goethe richtet eine dringende Bitte um Geld an den Bankier Julius Elkan (1777-1839) in Weimar: "Herr Banquier Elkan wird hiedurch höflichst ersucht, für Unterzeichneten | Achtzehn Stck. vollwichtige Ducaten gefällig zu besorgen und der unmittelbaren Erstattung des Werthes gewärtig zu seyn [...]".


Mit eigenhändiger Unterschrift Goethes. Den vorangehenden Text schrieb Goethes Sekretär Johann August Friedrich John (1794-1854), der von 1814 bis 1832 für den Dichter arbeitete. - Gedruckt wurde der Brief in: WA Bd. XLVIII, Nr. 229.

Erhältlich in unserer Autographenhandlung: bvb//autographs//de

2. Juli 2019

"wir müssen die Courage zusammen machen" - Die Geburtsstunde des Berliner Ensembles

"Wir müssen die Courage zusammen machen, schrieb Bertolt Brecht am 26. X. 1948 an seinen Freund und Weggefährten Caspar Neher. Es ist der erste bekannte Brief nach der Rückkehr aus der Emigration, verfasst nur vier Tage nach der Ankunft in Berlin, wo Brecht und Helene Weigel im Wirtschaftsgebäude des zerstörten Hotels Adlon logierten, und nur wenige Stunden nach dem entscheidenden Gespräch mit Wolfgang Langhoff über den Aufbau eines neuen "epischen" Theaters.


Brecht, Bertolt, Schriftsteller (1898-1956). Eigenh. Brief mit U. "b". [Berlin, 26. oder 27. X. 1948]. Kl.-4°. 3 Seiten. Doppelblatt.


4500 Euro

"Lieber Cas, so haben wir uns also doch versäumt! Ich wartete 1 Jahr auf meine Papiere, dann musste ich, die Zeit auszunutzen, weg innerhalb von Tagen. Sprach aber noch mit Hirschfeld. Anscheinend würden dir [sic!]  die Zürcher, um mir in Berlin zu helfen, im November nach Berlin lassen. da du im Dez. sowieso besetzt bist - in Wien und vielleicht in Italien - was Zürich nicht weiß, bin ich nicht sicher, ob ihnen 3 Wochen im November viel helfen! besser du trittst dort im Januar an und bleibst dann dort mehrere Monate, ich will auch [unterstrichen] im Januar zurück sein in Zürich. (definitiv, schon meines Passes wegen!) ich werde also jetzt alles tun wegen deiner Visen (habe schon alles vorbereitet, wusste nur nicht ob du Pass hast). wir würden dann Courage vorbereiten und anfangen und du könntest weg, wenn nötig. Verpflegung, Unterkunft wird vom Deutschen Theater besorgt, das wird gut sein und verhältnismässig konfortabel, wir müssen [unterstrichen] die Courage zusammen [unterstrichen] machen; dann soll es eine Tournee durch Westdeutschland werden - was sich lohnen könnte. Für die 3 groschenoper müssen sie dich auch zahlen für die ganze Tournee [unterstrichen]! herzlich dein alter b".

Außerordentlich wichtiger und inhaltsreicher Brief, der den Neuanfang Bertolt Brechts in Deutschland nach dem Krieg markiert und seine Visionen und Pläne für den Aufbau eines "neuen Theaters für eine neue Gesellschaft" (Parker) veranschaulicht. - Die "Große kommentierte Berliner und Frankfurter Ausgabe" (BFA, Bd. 29, S. 475) datiert den Brief auf allgemein "Oktober 1948", er kann aber nur in Berlin am 26. oder 27. Oktober geschrieben worden sein, da Brecht direkt Bezug auf die an beiden Tagen mit Langhoff u.a. besprochenen Courage-Pläne Bezug nimmt. Frühere Nachkriegsbriefe von Brecht aus Berlin sind nicht bekannt. Brecht war im November 1947 über Paris nach Zürich gekommen und traf dort erstmals wieder mit Caspar Neher zusammen. Während er in Feldmeilen auf die Erlaubnis zur Weiterreise nach Deutschland wartete, knüpfte er Kontakte zu Verlegern und Intendanten, um die Bedingungen und Möglichkeiten für den Aufbau eines neuen Theaters zu sondieren. Caspar Neher sollte eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung künftiger Bühnenbilder spielen. Ende August 1948 wurde schließlich Brechts Schweizer Identitätsausweis bis Ende Februar 1949 verlängert, was ihm die Reise nach Deutschland ermöglichte. Am 22. Oktober 1948 erreichten Brecht und Helene Weigel über Prag kommend zuerst Dresden, dann Berlin, wo sie im Wirtschaftsgebäude des zerstörten Hotels Adlon untergebracht waren. Am 26. Oktober hatte Brecht dann die entscheidende Besprechung mit Wolfgang Langhoff im Deutschen Theater, tags darauf traf er sich mit Slatan Dudow. "Danach beginnt er mit den Vorbereitungen zur Inszenierung von Mutter Courage und ihre Kinder am Deutschen Theater" (Hecht), was sich im vorliegenden Brief an Caspar Neher widerspiegelt. Letztlich konnte Neher das Bühnenbild zur legendären Courage-Inszenierung 1949 nicht entwerfen, da er nicht rechtzeitig die entsprechenden Reisepapiere erhielt. "Wir warteten ja bis zuletzt auf dich und mußten dann einfach improvisieren", schrieb Brecht an Neher zwei Wochen nach der Premiere am 25. Januar 1949, mit der die Geschichte des Berliner Ensembles ihren Anfang nahm.

Erwähnt wird ferner die Inszenierung der Dreigroschenoper mit Brechts Tochter Hanne Hiob und Hans Albers als Peachum. - Vgl. Bertolt Brecht, Werke. Große kommentierte Berliner und Frankfurter Ausgabe, Bd. 29. Frankfurt 1998, S. 485; Stephen Parker, Bertolt Brecht. Eine Biographie. Frankfurt 2018, S. 794 ff.; Werner Hecht, Brecht Chronik 1898-1956. Frankfurt 1997, S. 834 ff. - Eigenhändige Briefe von Bertolt Brecht sind sehr selten.  (52193)

Erhältlich in unserer Autographenhandlung: bvb//autographs//de